„Geh aus, mein Herz …“

Ein geistlicher Spaziergang (nicht nur) zu Christi Himmelfahrt


Zu Himmelfahrt zieht es viele nach draußen. Die einen mit Musik und einer Kiste Bier auf dem Wagen, andere mit dem Fahrrad oder für einen ausführlichen Spaziergang.

Radtour und Spaziergang lassen sich mit einem Gottesdienst verbinden. Gottesdienst draußen, auf einer Waldlichtung oder unter dem Apfelbaum. Mit der Kirchengemeinde – soweit die Lockerungen das erlauben, mit Sicherheitsabstand, Maske und allem, was noch dazu gehört. Oder in den kleinen Gruppen, die sich schon treffen dürfen. Oder nur ich für mich.

Lassen Sie sich zu einem geistlichen Spaziergang oder einer geistlichen Radtour einladen! Beim Gehen ist man anders auf merksam als beim Radfahren; entscheiden Sie, wonach Ihnen ist. Hier finden Sie einen Vorschlag für einen Weg mit verschiedenen Stationen. Die Art der Fortbewegung, das Tempo und den Rhythmus, in dem Sie von Station zu Station kommen, bestimmen Sie.

Was brauche ich?

  • Diese Seiten, am besten ausgedruckt.
  • Ein Smartphone mit Netzzugang, um die Musik, die hier vorgeschlagen ist zu hören oder mitzusingen.
    (Singen oder Summen geht auch ohne technische Unterstützung.)
  • Bequeme Kleidung.
  • Eine Brotzeit kann nicht schaden; auf jeden Fall eine Flasche Wasser.
  • Und eine Unterlage zum Sitzen / Liegen, gegen die Feuchtigkeit.

Dann kann’s auch gleich losgehen.

Zu Fuß oder mit dem Rad, entweder allein oder in einer kleinen Gruppe.
Vielleicht einigen Sie sich vorher auf eine Route ̶- oder die anderen vertrauen sich einer Person an und lassen sich überraschen. Die Tour ist eine geistliche Übung und sollte darum zeitlich überschaubar sein. Wenn das Wetter passt, können Sie anschließend nach Herzenslust weiter unterwegs sein. Wählen Sie eine Route, die nicht zu öffentlich ist und die zwischendurch Möglichkeiten bietet, sich zu setzen.
In der Gruppe können Sie die Impulse an den Stationen untereinander aufteilen. Für das Miterleben unterwegs ist es besser, wenn Sie auch diese technischen Dinge vorab klären.

Anfangen

Alles ist vorbereitet; ich bin startklar. Vorher noch einen Augenblick Ruhe finden. Das wird ein besonderer Ausflug heute.
Für einen Moment schließe ich gleich meine Augen und horche in mich hinein. Ich will spüren, wie mein Herz schlägt. Um die hunderttausend Mal macht es das jeden Tag und transportiert Blut, Sauerstoff und Nährstoffe durch meinen Körper. Es schlägt und ich bin lebendig.

Augen schließen. Horchen.
Ich öffne die Augen wieder, lasse ihnen Zeit sich ans Licht zu gewöhnen. Dann lese ich:


Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
schau an der schönen Gärten Zier
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben,
sich ausgeschmücket haben.

Wenn du die Melodie nicht schon mit dem Herzen hörst: du findest sie hier.


Ich habe alles was ich brauche.
Erwartungsvoll mache ich mich auf den Weg.
Was wird mir heute begegnen?

Jetzt geh / radle los. Ein paar Minuten lang; noch ein paar. Finde deinen Rhythmus. Spüre weiter deinen Körper und deine Atmung. Genieße die Sonnenstrahlen und den Wind. Lass hinter dir, was war. Öffne deine Sinne für das, was jetzt ist, vor dir, neben dir: Landschaft, Pflanzen, Menschen und Tiere, ...

Erste Station

Eine erste Unterbrechung. Bleib stehen / steig vom Fahrrad ab.
Schaue dich dort, wo du gerade bist, genauer um.
Welches Geräusch würdest du gern speichern?
Welches Motiv festhalten? Wo ist unerwartet Schönheit da?
Hänge für einen Moment deinen Gedanken nach.
Dann geh / radle weiter.

Zweite Station

Zweiter Stopp. Such dir einen Platz zum Sitzen.
Schau dich ein wenig um.

Dann summe die beiden folgenden Strophen.
Oder wenn du magst, nimm dein Mobiltelefon und öffne das Video.


Die Bäume stehen voller Laub,
das Erdreich decket seinen Staub
mit einem grünen Kleide;
Narzissus und die Tulipan,
die ziehen sich viel schöner an
als Salomonis Seide,
als Salomonis Seide.

Die Lerche schwingt sich in die Luft,
das Täublein fliegt aus seiner Kluft
und macht sich in die Wälder;
die hoch begabte Nachtigall
ergötzt und füllt mit ihrem Schall
Berg, Hügel, Tal und Felder,
Berg, Hügel, Tal und Felder.

Stoppe die Aufnahme nach dieser Strophe.
Die Lerche schwingt sich in die Luft ... - Folge ihr mit deinem
Blick und schau eine Weile in den Himmel.
Welche Gefühle entstehen in dir?
Sind Wolken da? Ansammlungen feinster Wassertröpfchen oder
Eiskristalle in der Atmosphäre. Erst das Licht macht sie sichtbar.
Wie sehen sie heute aus? Was erzählen sie dir?
So nahe und zugleich unerreichbar wie die Wolken ist Gott.
Wir meinen zu wissen, was er von uns und für uns will -
und dann bleibt er doch wieder unergründlich und unfassbar.
Gilt das nicht im Grunde für jede und jeden von uns?
Steh auf und geh / radle weiter. Vertraue darauf: Die Gedanken
werden sich mit jedem weiteren Schritt / Tritt in die Pedale
sortieren.

Dritte Station

Dritter Halt. Trink einen Schluck. Warum hast du genau hier
angehalten? Summe die nächsten beiden Strophen.
Oder nimm wieder dein Mobiltelefon, öffne das Video,
hör die Musik und lies:


Die unverdrossne Bienenschar
fliegt hin und her, sucht hier und da
ihr edle Honigspeise;
des süßen Weinstocks starker Saft
bringt täglich neue Stärk und Kraft
in seinem schwachen Reise,
in seinem schwachen Reise.

Der Weizen wächset mit Gewalt;
darüber jauchzet Jung und Alt
und rühmt die große Güte
des, der so überfließend labt
und mit so manchem Gut begabt
das menschliche Gemüte,
das menschliche Gemüte.

„Fliegt hin und her, sucht hier und da …“:
Wo bist du am Hin- und Herschwirren wie die Bienen, verdrossen
oder unverdrossen?

Achte eine Zeitlang auf deinen Atem, wie er kommt und geht
und kommt und geht …

Und wo bist du gut versorgt? - „ … täglich neue Kraft …
und mit so manchem Gut begabt …“ - Wofür bist du dankbar?
Geh / radle weiter und nimm diese Fragen mit auf den nächsten
Streckenabschnitt. Gott freut sich, von dir zu hören.
Er hat Zeit und Geduld mitgebracht.

Vierte Station

Ein Zwischenstopp.


Was machst du hier?
Ich suche Jesus …

Jesus zeigte sich den Aposteln nach seinem Leiden durch
viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen
unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom
Reich Gottes.

Und als er mit ihnen beim Mahl war, befahl er ihnen, Jerusalem
nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung
des Vaters, die ihr – so sprach er – von mir gehört habt; denn
Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem
Heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen.

Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen:
Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich
für Israel? Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht,
Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht
bestimmt hat; aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes
empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine
Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien
und bis an das Ende der Erde.

Und als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben,
und eine Wolke nahm ihn auf, weg vor ihren Augen.

Apostelgeschichte 1,3-10

„Was steht ihr da und schaut zum Himmel?“

Weil mich nichts von Jesus trennen kann.
Nichts kann mich scheiden von der Liebe Gottes.
Ich vertraue darauf: Du bist immer noch hier.
Hilf mir, das zu sehen.

Und weiter geht’s …

Fünfte Station

Das ist ein guter Ort für eine Pause. Setz dich. Trink was.
Brauchst du eine kleine Brotzeit? Guten Appetit.
Danach nimm dein Mobiltelefon, öffne das Video,
hör die Musik und lies:


Ach, denk ich, bist du hier so schön
und lässt du’s uns so lieblich gehn
auf dieser armen Erden:
Was will doch wohl nach dieser Welt
dort in dem reichen Himmelszelt
und güldnen Schlosse werden,
und güldnen Schlosse werden!

Welch hohe Lust, welch heller Schein
wird wohl in Christi Garten sein!
Wie muss es da wohl klingen,
da so viel tausend Seraphim
mit unverdrossnem Mund und Stimm
ihr Halleluja singen,
ihr Halleluja singen.

Doch gleichwohl will ich, weil ich noch
hier trage dieses Leibes Joch,
auch nicht gar stille schweigen;
mein Herze soll sich fort und fort
an diesem und an allem Ort
zu deinem Lobe neigen,
zu deinem Lobe neigen.

Lass dich zum Beten einladen. Im Grunde ist ja diese ganze
Tour ein Gebet. Aber vielleicht gibt es etwas, was du Gott gerade
sagen willst. Oder du hast eine Bitte für jemand, der dir besonders
am Herzen liegt.
Dies alles und das, wofür du keine eigenen Worte findest,
ist aufgehoben im Gebet des Herrn:


Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsre Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.

Dann mach dich wieder auf den Weg.

Sechste Station

Geh zu einem Baum, der dir gerade auffällt. Schau ihn dir an:
seine Wurzeln, den Stamm, seine Äste und Zweige, die Blätter
oder Nadeln. Blüht er noch? Kannst du schon Früchte sehen?
Fest geerdet und ausgestreckt in den Himmel.
So lässt es sich leben.
Nimm dein Mobiltelefon, öffne das Video und singe zur Musik der Bläser. Oder summe die folgenden Strophen:


Hilf mir und segne meinen Geist
mit Segen, der vom Himmel fleußt,
dass ich dir stetig blühe;

gib, dass der Sommer deiner Gnad
in meiner Seele früh und spat
viel Glaubensfrüchte ziehe,
viel Glaubensfrüchte ziehe.
Mach in mir deinem Geiste Raum,
dass ich dir werd ein guter Baum,
und lass mich Wurzel treiben.
Verleihe, dass zu deinem Ruhm
ich deines Gartens schöne Blum
und Pfl anze möge bleiben,
und Pfl anze möge bleiben.
Ich betrachte noch einmal den Baum,

Ich betrachte noch einmal den Baum, den ich hier gefunden
habe. Mein Weg führt mich weiter: zurück zum Ausgangspunkt,
nach Hause – und von dort auf die bekannten Wege und auf
unbekannte, auf schöne und schwierige.
Ich weiß, dass ich Wurzeln schlagen kann.
Ich weiß: der Himmel steht offen.
Ich breite meine Hände aus und sage laut:


Du
der über uns ist
Du
der einer von uns ist
Du
der ist – auch in uns
tauch uns ein in deine Herrlichkeit
bekleide uns mit deiner Kraft
erfüll uns mit deiner Weisheit
segne uns mit deiner Liebe
Amen

Dann mache ich mich auf den Rückweg.

Nachklang

Wenn Du Orgelmusik magst und dich von einer beschwingten
Improvisation über Paul Gerhardts Sommergesang verzaubern
lassen möchtest, dann such dir einen ruhigen Ort und höre zum
Abschluss oder als Nachklang diese Musik. Sie dauert etwas mehr
als 17 Minuten:

Bibeltexte nach dem Wortlaut der Lutherbibel, revidiert 2017,
© 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Zusammenstellung der Liturgie:
Oberkirchenrat Dr. Johannes Goldenstein, Hannover


Weitere Informationen für die Teilnahme an gottesdienstlichen Feiern in der aktuellen Situation finden Sie auf der Seite „Kirche von zu Hause“.

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